Thursday, February 03, 2005

Männerängste

"Von einer Frau einen Korb zu kriegen, ist nicht schlimm. Es ist Folter. Warum kümmert sich Amnesty International nicht darum?" Seit mein Freund Oli kürzlich in einer Bar schnöde abgewiesen wurde, meidet er Bars weiträumig. Darum treffen wir uns in einem Café mit gemusterten Sesseln und alten Frauen.
"Oli", sagte ich, "gib's auf. Mit Pfefferminztee kann man sich nicht betrinken." Er hat gerade den dritten bestellt. Er habe sich in jener Bar eine zünftige Erkältung zugezogen, weil er, im Durchzug sitzend, über einen originellen Anmachspruch nachgedacht habe. Originell? Ich kann nur hoffen, dass er wenigstens keines dieser T-shirts mit lustigen Sprüchen trug. "Wer erzählt euch Männern eigentlich, dass wir etwas Originelles hören wollen?" - "Also doch lieber mit einem Kompliment anfangen?" - "Nein! Bloss keine Schleimspuren ziehen! Un wenn wir schon dabei sind: Es darf auch nichts sein, was unter die Gürtellinie zielt." Oli legt die Stirn in Falten. "Nicht originell, nicht schleimig, nicht vulgär. Da bleibt ja nur noch Ausdruckstanz."
Eine Weile schweigen wir, und ich stelle mir vor, wie barfüssige Männer in Batikhosen um die Frauen herumtanzen. "Ach, komm, es ist doch immer dasselbe", sagt Oli. "Man legt sich schöne Sätze zurecht, und dann betritt ein gelfrisierter Schrittanfasser-Macho die Bar, grölt die Frau mit "ich besorg's dir, bis du nicht mehr gehen kannst" an und schleppt sie ab."
Das scheint eine klassische Männerangst zu sein. Immer wieder zitieren meine Freunde dieses Beispiel, obschon keiner von ihnen es je selber erlebt hat. Das ist eines jener modernen Schauermärchen wie die Geschichte von dem Mann, dessen Innereien durch häufige Solariumbesuche gegart wurden. "Wenn eine Frau mit so einem Mann mitgeht", sagte ich, "dann nicht wegen des Spruchs, sondern weil er kriminell gut aussieht, was in den Erzählungen unterschlagen wird. Und so einer kann sagen, was er will, ja, er könnte einen röhrenden Brunftruf abgeben, und alle Frauen stünden gleichzeitig auf, weil sich ihr Denken augenblicklich in untere Regionen verlegen würden."
Doch nur eine meiner Freundinnen ist unlängst von solch einem Exemplar angesprochen worden: Ein Bild von einem Mann betritt die Bar, sieht sich um, steuert sie mit seinem Strahlelächeln an und sagt ihr etwas ins Ohr: Sich im Geiste schon mit ihm im Bett wälzend, springt sie auf, als sich das Missverständnis klärt: Er hatte sie für die Bardame gehalten und bei ihr einen Drink bestellt.

(von: Güzin Kar, in der Weltwoche vom 20. Januar 2005)

3 Comments:

Blogger SchwarzFahrer said...

Ohh - danke für den lustigen Artikel..
Mag solche verdrehte Schreibereien, schräge Grundstoffe aus denen modernen Märchen gemacht werden...
Im Ernste.
Und verständlich, dass der Verfasser(in?) auch ganz natürlich seine eingene Psychologie auch sogleich beim andern voraussetzt, egibt fast Zwangsweise "Männerängste".
Du weisst jo,
ich bin keiner, dessen Optik als sexuelle Visitenkarte funktionieren könnte,
...mit leichtem Bauchansatz
...mit fliehendem Haaransatz
trotzdem
meine einzige Männerangst
sind:
Frauen die Männer brauchen
anstatt
Frauen die Männer wollen

6:54 AM  
Blogger katharina said...

hmm, frauen, die Männer brauchen... inwiefern?
Wie meinst du das?
Sexuell brauchen, oder einen Partner benötigen, jemand, um mit ihm den Alltag zu teilen?
... diesselben Fragen stellen sich auch bei den Frauen, die Männer wollen.... inwiefern?

... was mich schlussendlich auf den Gedanken bringt, dass jemanden brauchen oder jemanden wollen gar nicht so weit auseinander liegen kann.

8:40 AM  
Blogger SchwarzFahrer said...

Hmmm - oh doch..
das wollen und brauchen liegt schätz mal 180 Grad je in anderere Richtung...

Dasselbe gilt natürlich auch für Männer..
die eine Frau brauchen
oder eine FRAU wollen

...wofür stehn den Männer oder Frauen traditionell?
Noch immer!?

Daher,
die Essenz:
Es gibt nichts Befreienderes, als zu entdecken, dass es besser ist, einen Mann zu wollen, als ihn zu brauchen.

10:00 AM  

Post a Comment

<< Home