Thursday, February 17, 2005

Seldwyla in der Pizzeria

DerBundesrat hat doch noch ein Herz. Ab Sommer darf der Schweizer wieder mit einer Pizza ins Bett,auch wenn es bereits zwölf geschlagen hat. Damit wird ein Entscheid des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Rekurskommission des Volkswirtschaftsdepartements umgestossen. Die beiden Instanzen, deren Wirken eingentlich dem Wohl von Wirtschaft und Arbeitsplatzen dienen sollte,hatten nämlich befunden, dass Pizzakuriere werktags nur noch bis Mitternacht und am Wochenende bis ein Uhr ausschwärmen dürfen. Weitere (freiwillige) Nachtarbeit wurde ihnen untersagt, weil man in den Berner Amtsstuben der Auffassung war, dass nach der Geisterstunde kein Konsumbedürfnis nach Pizze mehr bestehe. Zudem hatten die Gesetzeswächter entdeckt, dass Pizze keine tägliche notwendige und unentbehrliche Ware sind. Im Konsumbedürfnis hatten sich die Stubengelehrten allerdings böse geirrt. Wegen der neuen Prohibitionspolitik brach bei den einschlägigen Pizzabäckern der Umsatz ein, und Dutzende von Pizzakuriere verloren ihren Job.
Der Aufschrei auf das Verbot nächtlicher Pizze ist bis ins Bundeshaus gedrungen. In seiner Antwort auf eine Anfrage des Zürcher FDP - Nationalrats Filippo Leutenegger räumt der Bundesrat nun ein, dass offensichtlich "Bedürfnisse im Bereich der Hauslieferungsdienste von Fertigspeisen existieren". Das heutige Recht trage diesen Bedürfnissen nicht genügend Rechnung, weshalb eine Änderung der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz vorbereitet werde. Damit sollen Hauslieferunsdienste als Gastbetriebe anerkannt werden,auch wenn die verkauften Speisen und Getränke nicht wie vorgeschrieben an Ort und Stelle, sondern beim Kunden zu Hause konsumiert werden. Damit wären die Pizzakuriere von der Pflicht, für Nacht- und Sonntagsarbeit eine Bewilligung einzuholen, befreit, und die Welt wäre eigentlich wieder in Ordnung. Pizzaboten dürfen also nach einem mehrmonatigen Time-out bald wieder ungebremst ausschwärmen, und Schlaflose dürfen noch in eine Pizza beissen, wenn im Bundeshaus schon wieder die Stempeluhr aktiviert wird. Gewisse Befürchtungen gibt es dennoch. Es könnte plötzlich das Bundesamt für Gesundheit Morgenluft wittern und eine neue Kampagne lancieren: gegen die gesundheitsschädliche Wirkung der Pizza im Allgemeinen und der nächtlichen im Speziellen.

(aus: NZZ, Zürich, 17. Februar 2005)

1 Comments:

Blogger SchwarzFahrer said...

Gut so.
Lieber eine Pizza zu viel...
als gar kein Nachleben.
Thx for Info.

ps: mein Lieblingspizza ist die die die nach M'night, schwarz...

12:32 PM  

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